Mizuno Wave Sky Neo: Gedämpfte Schwimmflügel

Läufer-Bubble: Mizuno Wave Sky Neo
Läufer-Bubble: Mizuno Wave Sky Neo - Bild: ©Mizuno

Besonders weich und sprungfreudig sollen die Laufschuhe aus Mizunos neuer „Enerzy“-Serie sein. Klingt erst einmal vielversprechend – speziell für Läufer, deren Ferse gerade besonderer Pflege bedarf. Im Test finde ich heraus, wie „soft und bouncy“ der Mizuno Wave Sky Neo wirklich ist.

„Ich schwimmte, schwamm und schwomm“ hip-hopt Dendemann in „Endlich Nichtschwimmer“ – grammatikalisch freilich nicht ganz korrekt. Was aber letztendlich zählt: Nach einer Phase des „Rumeierns“ ist er schließlich angekommen, hat Land gewonnen, sitzt nun oben auf dem Turm. Ein beneidenswerter Zustand: Sich nicht mehr treiben, sondern die Kontrolle übernehmen heißt die Devise.

Raus aus dem seichten Gewässer

Die Sache mit dem Schwimmen lässt sich in vielerlei Hinsicht auch auf die Wahl des richtigen Laufschuhs übertragen. Bleibt man zu Beginn der Läuferkarriere noch in seichtem Gewässer und wählt den vermeintlich beliebtesten Schuh, traut man sich im Laufe der Zeit in tiefere, unbekannte Gewässer und testet nicht ganz so offensichtliche Modelle.

Vorne: Meine Wenigkeit, zusammen mit den Mizuno Wave Sky Neo am Fuß.
Im Hintergrund: Der Rodica, der slowenische Berggipfel, den wir am Tag nach diesem Lauf erklommen haben
Vorne: Meine Wenigkeit, zusammen mit den Mizuno Wave Sky Neo am Fuß.
Im Hintergrund: Der Rodica, der slowenische Berggipfel, den wir am Tag nach diesem Lauf erklommen haben

„Alle tragen den X von Marke Y, da kannste nichts falsch machen“ dürfte demzufolge prominenteste Einschätzung sein, die ein Anfänger in dieser Hinsicht zu hören bekommt. Und so wird in vielen Fällen einfach nachgekauft. Die Folge: der falsche Schuh am falschen Läufer.

Scheuklappen im Shop

Meine persönliche erste Erfahrung: Mit genau diesem Hinweis im Hirn und beseelt von der festen Vorstellung des vermeintlichen Idealschuhs in den Laden gewackelt. Schuh gekauft und ab auf die Strecke!

Erst Monate später, beim Ausprobieren anderer Modelle, stellte ich überrascht fest: Ich hatte mit etwas vorgemacht! Mein Laufschuh war gut, keine Frage. Aber sicher nicht ideal für mich. Denn trotz meines hohen Gewichts und des demzufolge gewählten Dämpfungsmodells waren die Schuhe zu weich. Ich hatte Kontrolle für Komfort und Dämpfung geopfert, das merkwürdige „Schwimmen“ beim Aufprall als notwendigen Preis für den Komfort akzeptiert.

Der erste Schuh landete schnell im Regal und ist inzwischen längst ausgemustert (Moment – bei der Gartenarbeit leistet er nach wie vor treue Dienste!). Derartige, mit übermäßiger Dämpfung ausgestattete Schuhe kamen mir fortan nicht mehr an die Füße.

Vollmundige Versprechen

Umso neugieriger war ich, als Mizuno mit „Enerzy“ eine neue, „bahnbrechende Dämpfungstechnologie“ ankündigte. „Deutlich komfortabler als herkömmliche Sohlenmaterialien“, „maximale Dämpfung“ sowie eine „höhere Energierückgabe“ versprach der Hersteller. Bei aller Skepsis: etwas derart Neuartiges musste ausprobiert werden. Vielleicht ließen sich meine festgefahrenen Vorstellungen im Bezug auf Laufschuhe aufbrechen und neu justieren. Vor allem aber stand meine Hoffnung im Vordergrund, trotz akuten Fersensporns schmerzfrei laufen zu können.

Das Herrenmodell des Wave Sky Neo von Mizuno - Bild: ©Mizuno
Das Herrenmodell des Wave Sky Neo von Mizuno
Bild: ©Mizuno

Das Geheimnis hinter der neuen Technologie: Der Einsatz eines extra-soften, freiliegenden Zwischensohlenmaterials (Mizuno Enerzy) und eines elastischen Zwischensohleneinsatzes (Mizuno Enerzy Core). In der Folge sollen Läufer mehr Komfort, mehr Dämpfung, aber auch ein Plus an Performance und Energierückgabe erfahren, sobald sie einen Schuh aus dieser Serie tragen. Kurz gesagt: „Soft and bouncy“. Von den sechs verfügbaren Modellen Wave Revolt, Wave Shadow 4, Wave Rider 24, Wave Sky 4, Wave Rider Neo und Wave Sky Neo besorgte ich mir letzteren zum Test.

Willkommenskultur auf Reisen

So reiste der Wave Sky Neo mit in den Urlaub nach Italien und Slowenien und durfte sich sogleich unter härtesten Bedingungen beweisen: Entlang des Strands, auf Feldwegen und in den Bergen Sloweniens kam der Neutralschuh von Mizuno in den Folgetagen und -wochen zum Einsatz.

Beim Alpin-Test in den slowenischen Bergen: Der Wave Sky Neo von Mizuno
Beim Alpin-Test in den slowenischen Bergen: Der Wave Sky Neo von Mizuno

Was mich gleich zu Beginn überraschte, war das relativ hohe Gewicht für einen Schuh, der ursprünglich zum „Schweben“ gedacht ist – etwas mehr als 360 Gramm wiegt das Männermodell bei einer Sprengung von 12 Millimetern. Amtlich! Ansonsten war der erste Eindruck aber positiv: Gestricktes Mesh-Obermaterial, das sich wie eine Socke an den Fuß schmiegt, knubbelige Sohle, tolle Farbe. Auch gut: Für einen breiten und großen Fuß wie meinen ist der Wave Sky Neo bestens geeignet, denn vor allem im Vorderfußbereich ist jede Menge Platz.

Sanft gebettet und vor dem Schmerz gerettet

Beim Laufen selbst bestätigte sich schnell das Versprechen von Komfort und Dämpfungsplus. Ein softes Gefühl umgibt den Fuß, der Aufprall wird wunderbar abgefedert, ein gemütlicher Lauf ohne umfangreiche Tempoeinsätze wird zum Vergnügen. Auch mein der Fersensporn zickt nicht über die Maßen. Selbst nach dem Lauf macht sich die Verletzung nur zurückhaltend bemerkbar, was nach Wochen des Schmerzes eine durchaus positive Nachricht ist. Nicht dass der Wave Sky Neo den Schmerz gelindert hat – aber verstärkt oder verschlimmert hat er die Entzündung aufgrund des Sporns definitiv nicht.

Knubbelige Sohle: Wave Sky Neo
Bild: ©Mizuno

Bei allen positiven Eigenschaften kommt mir der Mizuno-Schuh aber doch etwas schwerfällig vor. Das hohe Gewicht und die sehr großzügige Bauart in Kombination mit der luxuriösen Dämpfung fordern bei der Performance definitiv ihren Preis. Ein bisschen konzentrierter muss ich laufen, ein bisschen anstrengender fühlt es sich an. Läufer mit schmalen Füßen könnten aufgrund der großzügigen Konstruktion im Wave Sky Neo schwimmen.

Bescheuerte Blase

In meinem persönlichen Fall kommt dann auch noch Pech hinzu. Beim bisher letzten Lauf mit dem Mizuno-Schuh kommt es zum Läufer-Alptraum: Durch die Gel-Einlagen im Fersenbereich scheint mein linker Fuß nicht perfekt im Schuh zu sitzen. Bereits nach 2 Kilometern Strecke spüre ich, dass die Ferse des linken Fußes am Schuh reibt. Als ich nach knapp elf Kilometern herausschlüpfe, erwartet mich die größte und schmerzhafteste Fersenblase meiner bisherigen Running-Karriere. Dies alleine dem Mizuno-Schuh zuzuschreiben ist sicher unfair – bei meinem Schuhfavoriten einer Konkurrenzmarke passierte dies – bei selbigen Setup – jedoch bisher nicht.

Der Wave Sky Neo von Mizuno ist und bleibt ein solider, neutraler Laufschuh, der bestens für gemütliche, nicht allzu schnelle Läufe geeignet ist. Beim Versprechen von Komfort und Dämpfung liefert er absolut ab. Beim Preis kleckert Mizuno allerdings auch nicht: 200 Euro soll der Wave Sky Neo kosten – wahrlich kein Schnäppchen.

Mizuno Wave Sky Neo

  • Schuhkategorie: Neutralschuh
  • Dämpfung: hoch
  • Stabilität: mittel
  • Untergrund: Straße/Bahn
  • Gewicht: 360 Gramm (Herren), 275 Gramm (Damen)
  • Sprengung: 12 Millimeter
  • Preis: 200 Euro UVP
  • Verfügbar seit: August 2020

Fotos: Hersteller / Alex Rudolph


Test-Info
Vielen Dank an den Hersteller, der uns das Produkt freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Dies hatte keinen Einfluss auf das Testergebnis. Jedes Teil wird durch ausgedehnte Läufe in der Praxis getestet.

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