Laufschuh-Revolution à la Under Armour

Integrierter Chip: Der Speedform Gemini 2 Record von Under Armour zeichnet die Laufdaten auf - Foto: Alex Rudolph
Integrierter Chip: Der Speedform Gemini 2 Record von Under Armour zeichnet die Laufdaten auf

Auch ich möchte mich verbessern. Ist ja wohl klar! Das geht aber nicht ohne Zubehör, denn um die Laufstrecke, den Puls und die Geschwindigkeit zu messen oder ein ordentliches Intervalltraining zu absolvieren, brauche ich zumindest ein Wearable als Basis. Mitunter bedeutet dieser Durst nach Daten aber auch, richtig viel Zeug mit sich herumzuschleppen, wenn man eigentlich nur Laufen will. Under Armour versucht jetzt mit dem neuen Speedform Gemini 2 Record, wenigstens ein bisschen für Entlastung bei der Menge des Zubehörs zu sorgen, ohne dass dabei die essentiellen Daten auf der Strecke bleiben.

Under Armour: Speedform Gemini 2 Record

Mit der Messung der eigenen Laufleistung ist es ja immer so eine Sache. Ob man nun einen Fitnesstracker am Arm trägt oder mit dem Handy versucht, seine Fitnessaktivitäten zu messen – irgendwie wird man das Gefühl nicht los, die Ergebnisse wären bestenfalls ein Näherungswert, eine für Störvariablen sehr anfällige Abbildung einer Halbwirklichkeit. Zwar reicht im Normalfall schon diese Annäherung an die Daten locker aus, um einen Eindruck über die eigene Leistung zu bekommen und sich gegebenenfalls punktuell zu verbessern, noch etwas genauer wäre aber in vielen Fällen auch schwer in Ordnung.

Schlaue Eminenz: Speedform Gemini 2 Record von Under Armour - Foto: Hersteller

Schlaue Eminenz: Speedform Gemini 2 Record von Under Armour

Im Rahmen der Bemühungen, verfügbare Fitness-Daten weiter zu verfeinern und gleichzeitig erhöhten Bedienungskomfort umzusetzen, hat Under Armour die am nächsten liegende Lösung gewählt und die Messung dorthin verlagert, wo sie wohl am besten funktioniert: In die Sohle des Laufschuhs. Das Ergebnis ist der neue Speedform Gemini 2 Record, der zugleich Laufschuh und Wearable ist.

Irgendwo dort liegt der Chip: Speedform Gemini 2 Record - Foto: Hersteller

Irgendwo dort liegt der Chip: Speedform Gemini 2 Record

Schüttel mich!

Doch eins nach dem anderen. Da ist also diese Neuerung, die im Laufschuhsegment für einiges Aufsehen sorgen wird. In den Speedform Gemini 2 Record ist also ein Chip eingebaut, der die Fitnessaktivitäten per Bluetooth mitverfolgt. Zuerst muss der Chip im Schuh jedoch aktiviert und mit einem entsprechenden Gerät verbunden werden. Das geht im Fall des Speedform Gemini 2 Record relativ einfach, indem man den rechten Schuh, in dem der Chip steckt, schüttelt, während man gleichzeitig sein Handy oder ein anderes kompatibles Gerät zum so genannten „Pairing“, also dem Verbinden mit dem entsprechenden Endgerät, bereithält. Derzeit empfiehlt es sich, ein iPhone der neueren Generation (ab Version 5) und die Under-Armour-App MapMyRun einzusetzen. Im Test funktionierte die erstmalige Verbindung des Schuhs mit dem Handy relativ gut, auch wenn dazu ein paar Anläufe nötig waren.

Sohlenstruktur wie beim Fuß: Speedform Gemini 2 Record - Foto: Alex Rudolph

Sohlenstruktur wie beim Fuß: Speedform Gemini 2 Record

Uuuuund – Aufnahme!

Ist der Schuh einmal verbunden, ist die technische Arbeit gleich ein für alle Mal erledigt. Ab jetzt gehören Laufgerät und Handy zusammen. Jedes Mal, wenn der Schuh bewegt wird, zeichnet der Speedform Gemin 2 Record automatisch alle Aktivitäten auf. Dazu gehören neben der Anzahl der Schritte, der durchschnittlichen Schrittlänge und der Trittfrequenz auch die zurückgelegte Distanz sowie das Tempo und die Geschwindigkeit, sowie natürlich ein Trainingsüberblick einschließlich Zeit, Datum, Dauer und Zwischenzeiten. Dies alles schneidet der Schuh ab dem Zeitpunkt der Synchronisierung mit, ohne dass ein Eingreifen des Trägers nötig wäre und auch ohne die Notwendigkeit, Zubehör wie das Handy oder ein anderes verbundenes Gerät mit auf die Reise zu nehmen. Wichtiges Detail: Möchte man auch den Streckenverlauf und die GPS-Daten messen, so ist das Mitführen des Handys weiterhin unvermeidbar, diese Daten liefert der Schuh nicht ohne Hilfe seines mobilen Partners mit. Gleiches gilt übrigens auch für die Pulsmessung, die bis auf Weiteres mit einem extra Brustgurt oder einer Pulsuhr gemessen werden muss.

Der Speedform Gemini 2 Record ist laufbereit - Foto: Alex Rudolph

Der Speedform Gemini 2 Record ist laufbereit

Mehr wäre mehr

So sammelt und speichert der Schuh bei jedem Workout wertvolle Daten, die dem Träger helfen, einerseits seine Leistung und Technik zu verbessern, andererseits aber auch alle Laufaktivitäten aufzuzeichnen. Diese Daten können dann stets über die Synchronisierung mit der Under-Armour-App „MapMyRun“ abgerufen und analysiert werden. Damit ist die App gleichzeitig so etwas wie ein Lauftagebuch, um die man sich nicht mehr separat kümmern muss – Schuhe anziehen und loslaufen genügt. Den Rest erledigt der Schuh beziehungsweise die App. Klar: Bei den aufgezeichneten Daten hätte ich mir angesichts der revolutionären Technik und dem Preis des Schuhs etwas mehr erwartet. Hier zahlt Under Armour einem Umstand, mit dem auch andere Branchen immer noch zu kämpfen haben, Tribut: Der Akku-Schwäche. Jedes Stückchen mehr erhobene und gemessene Daten kostet Energie – und verringert so die Laufzeit der integrierten Batterie des Chips.

Tiefrot: Ein Blick ins Innere der Speedform Gemini Record 2 - Bild: Alex Rudolph

Tiefrot: Ein Blick ins Innere der Speedform Gemini Record 2

Limitierte Lebensdauer

Die integrierte Batterie hat zwar – positiv betrachtet – den Vorteil, dass man sich beim Speedform Gemini 2 Record um lästige Wearable-Pflichten wie Aufladen nicht kümmern muss. Der Chip hält eben so lange, wie er hält. Den Angaben des Herstellers zufolge ist das ein durchschnittliches Laufschuhleben lang, was man bei Under Armour auf etwa 650 Kilometer taxiert. Diese kumulierte Laufstrecke soll der kleine Prozessor mitmachen, bevor er meldet, dass es an der Zeit ist, sich ein neues Paar zuzulegen. Für fleißige Läufer könnte Letzteres durchaus ein Problem bedeuten, womit wir schon bei einem Haken des Schuhkonzepts wären. 650 Kilometer sind – aus dem Blickwinkel eines Vielläufers – schnell erreicht. Sich nach relativ kurzer Zeit wegen der bereits angesprochenen Batterieschwäche einen neuen, kostenintensiven Schuh zulegen zu müssen, der nur eine begrenzte Anzahl von Daten erhebt, um eben diesen Akku nicht über Gebühr zu belasten, erscheint dann doch zumindest fragwürdig. So oder so: Die gesammelten Daten gehen bei einem Wechsel auf ein neues Paar Schuhe derselben Linie natürlich nicht verloren – sie sind in der App gespeichert und werden bei Erwerb eines gleichwertigen Modells fortgesetzt.

Der Speedform Gemini 2 Record ist gut gedämpft und sorgt mit seinem Mesh-Obermaterial für eine top Belüftung - Foto: Hersteller

Der Speedform Gemini 2 Record ist gut gedämpft und sorgt mit seinem Mesh-Obermaterial für eine top Belüftung

Auch ohne Chip top

Und dann ist da natürlich noch der Laufschuh an sich. Der Speedform Gemini 2 Record ist vor allem ein bequemer Schuh. Das soll er auch sein, denn wie sein Name schon andeutet, wurde vor allem auf die nahtlose Verarbeitung und die Passform erhöhter Wert gelegt. Der in einer Bekleidungsfabrik mit ultraschallverschweißten Nähten gefertigte Schuh soll sich an den Fuß des Läufers schmiegen wie eine Socke, dabei jedoch scheuerfrei und atmungsaktiv bleiben. Eine Aufgabe, die der Speedform Gemini 2 Record ebenso mehr als zufriedenstellend erfüllt, wie die weiteren, für Laufschuhe unverzichtbaren Eigenschaften. Heißt also: Mit einer Sprengung von acht Millimetern bietet der Schuh genau den richtigen Höhenunterschied zwischen Zehen- und Fersenbereich, um für ein angenehmes flüssiges und aufprallgeschütztes Lauferlebnis zu sorgen.

Läuft gut!

Die aus aufgeschäumten Gummi bestehende, äußerst griffige und widerstandsfähige Außensohle und die geformte Zehenkappe ermöglichen den nötigen Grip auf dem Untergrund und erleichtern eine flüssige Abrollbewegung.  Die zweischichtige Mittelsohle kombiniert durch seinen Technologiemix Dämpfung, Halt und gleichsam Dynamik. Dies umso stärker, da in die Vertiefung der Mittelsohle eine spezielle Einlegesohle eingearbeitet ist, die zusätzlich für Abfederung, Feuchtigkeitstransport und Komfort sorgt. Im Mittelfuß und Fersenbereich wird der Fuß zudem besonders gestützt. Alles in allem ein gut durchdachtes und reibungslos funktionierendes Sohlenkonzept, das sowohl dem ambitionierten, wie auch dem in der Freizeit tätigen Läufer entgegenkommt. Nur für sehr schwere Läufer dürfte der Under-Armour-Schuh nicht stark genug gedämpft sein, weshalb der Speedform Gemini 2 Record eher kein Schuh für Laufanfänger ist, die zuerst vor allem ihr Körpergewicht optimieren wollen.

Fazit: Der Speedform Gemini 2 Record von Under Armour ist ein bequemer und dynamischer Laufschuh, der sich wegen seiner ausgezeichneten Passform, seiner guten Dämpfung und wegen des eingebauten Chips vor allem an jene Läufer richtet, die ihre Leistung analysieren und optimieren wollen. Gerade für alle diejenigen, die sich auf einen Laufwettbewerb vorbereiten wollen, liefert der Schuh wertvolle Informationen und Hilfen, um sich zu verbessern und individuelle Ziele zu erreichen, ohne dabei auf erstklassige Laufschuhe verzichten und extra Zubehör mitschleppen zu müssen. Die limitierte Lebensdauer des integrierten Chips und der relativ basale Umfang der erhobenen Daten könnte die Freude am Schuh, der dazu noch etwas mehr kostet, als das Basismodell, etwas trüben.

  • Hersteller: Under Armour
  • Modell: Speedform Gemini 2 Record
  • Modelljahr: Frühjahr/Sommer 2016
  • Kategorie: Normalschuh
  • Sprengung: 8 mm
  • Obermaterial: Mesh
  • Farben: Graphite (Herren), Steel (Damen)
  • Gewicht: 292 Gramm (Herren), (Damen)
  • Größen: US 7-14 (Herren), US 6-10 (Damen)
  • Erhältlich seit: April 2016 im ausgesuchten Handel (bei Runners Point (Online und in den Stores in Köln, Hamburg, Stuttgart, Berlin, Wien), Keller Sports (nur Online) und 21run.com (im Store München) – bislang ist nur die Herrenversion erhältlich)
  • Preis: 149,95 Euro (UVP)
  • Herstellerseite: http://www.underarmour.de/de-de

Fotos: Hersteller, Alex Rudolph

Test-Info
Vielen Dank an den Hersteller, der uns die Produkte freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Dies hatte keinen Einfluss auf das Testergebnis. Jedes Teil wird durch ausgedehnte Läufe in der Praxis getestet.

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